Jetzt kommt ein harter Brocken. Das Berechnen der Sinusfunktion sin(x) im Kopf. Beim Kopfrechnen für solche Funktionen gibt es natürlich mehrere große Probleme, die wir bewältigen müssen. (Sicherlich eine der schwersten Disziplinen im Kopfrechnen)
- Wie kann man den Sinus überhaupt berechnen? (Also wie macht es der Taschenrechner)
- Als periodische Funktion nimmt der Sinus immer wieder die gleichen Werte zwischen -1 und +1 an und hat somit keine Regelmäßigkeit wie z.B. lineare Funktionen
- Intuitives Rechnen wie in den Grundrechenarten + und – ist nicht möglich. Rechnungen wie sin(a + b) oder sin(a – b) sind eben nicht intuitiv
Diese Methode hat leider eine Eingrenzung: Sie geht nur für Winkel zwischen 0° und 54°. Danach wird der Fehler der Annäherung so groß, dass sie nicht mehr effizient genug ist und die Fehler selbst für das Kopfrechnen zu groß werden. Und wir berechnen den Sinus in Winkelform. Das heißt die Formel funktioniert nicht für Radiant Winkel.
Eine einfache Umrechnungsformel um von sin(x) Rad auf den Winkel zu kommen ist \(\frac{180}{\pi }\ \times x \) wobei \(\frac{180}{\pi}\ \) auch genähert werden kann durch den Bruch \(\frac{401}{7} \)
Ich gebe gleich die Formel an, mit der wir solche Aufgaben berechnen können. Wie wir zu dieser Formel kommen wird unten noch einmal genauer erläutert. Das Verständnis für die Herleitung ist aber in keinster Weise wichtig für die Berechnung. Wer sich dafür also nicht interessiert, kann es getrost überlesen.
Alle Näherungsformeln stammten aus dem Buch: Dead Reckoning von Ronald W. Doerfler. (Siehe Buch-Sektion)
\(1000 \times {\rm sin}(d) = 1000 \times {\rm sin}(a) + \frac{ b}{10} \times (174 – \frac{a \times d}{40}) \)
Noch zum klären welcher Buchstabe was bedeutet. d ist ein Winkel für den gilt d = a + b
Somit können wir z.B. einen Winkel von 32° in den Winkel a = 30° und b = 2° zerlegen.
Was das bringt soll, werden wir gleich sehen.
Die Formel sieht für einen Kopfrechentrick auf den ersten Blick recht kompliziert aus. Ist sie aber bei weitem nicht. Das Geheimnis liegt darin, sich markante Stellen der Sinus Funktion zu merken und mit diesen dann zu rechnen.
Sin 0° = 0
sin 10° = 0,1736
sin 20° = 0,3420
sin 30° = 0,5
sin 40° = 0,6428
sin 50° = 0,7660
Und jetzt sehen Sie auch den Grund warum wir den Winkel d in zwei kleinere Zahlen aufgeteilt haben. Da wir sin(a) berechnen müssen, nehmen wir a einfach als eine Zahl an, die wir aus der oberen Tabelle „ablesen“ (später im Kopf auswendig wissen) können. Nochmal zum Beispiel von vorhin. Der Winkel d = 32°
Jetzt teilen wir den Winkel in a = 30° und b = 2° auf. In die Formel eingesetzt sieht das folgendermaßen aus
\(1000 \times {\rm sin}(32) = 1000 \times {\rm sin}(30) + \frac{ 2}{10} \times (174 – \frac{30 \times 32}{40}) \)
Nun wissen wir:
sin(30°) = 0,5
Also lautet die Rechnung
$ 1000 \times {\rm sin}(32) = 1000 \times {\rm sin}(30) + \frac{ 2}{10} \times (174 – \frac{30 \times 32}{40}) $
\(1000 \times {\rm sin}(32) = 1000 \times 0,5 + \frac{ 2}{10} \times (174 – \frac{960}{40}) \)
\(1000 \times {\rm sin}(32) = 1000 \times 0,5 + \frac{ 2}{10} \times (174 – 24) \)
\(1000 \times {\rm sin}(32) = 1000 \times 0,5 + \frac{ 2}{10} \times (150) \)
\(1000 \times {\rm sin}(32) = 500 + 30 \)
\(1000 \times {\rm sin}(32) = 530 \)
\({\rm sin}(32) = 0,530 \)
Am Ende hat man auch sehr schön gesehen, warum man mal 1000 rechnet. Dies wird eigentlich nur gemacht, um mit ganzen Zahlen rechnen zu können und somit nicht die unhandlichen Kommazahlen mitziehen muss. Am Ende wieder durch 1000 geteilt. Dadurch verschiebt sich einfach das Komme wieder um drei Stellen zurück.
Die Formel hat somit mehr eine innere Schönheit, die erst beim Rechnen ihre volle Pracht preisgibt.
Im Taschenrechner eingegeben: Das Ergebnis lautet: 0,5299. Also fürs Kopfrechnen von Sinusfunktionen eine brauchbare Näherung. Der Nachteil ist eben bei dieser Methode, dass wir uns 4 markante Werte der Sinusfunktion merken müssen, die längere Nachkommastellen besitzen. Was jedoch ein geringer Preis ist um ein paar Leute zum Staunen zu bringen.
Dann wollen wir noch ein Beispiel berechnen: sin(24°)
Wir wählen wieder mit d = 24° , a = 20° und b = 4°. Somit lautet die Formel:
\(1000 \times {\rm sin}(24) = 1000 \times {\rm sin}(20) + \frac{ 4}{10} \times (174 – \frac{20 \times 24}{40}) \)
\(1000 \times {\rm sin}(24) = 1000 \times 0,3420 + \frac{ 4}{10} \times (174 – \frac{480}{40}) \)
\(1000 \times {\rm sin}(24) = 342 + \frac{ 4}{10} \times (174 – 12) \)
\(1000 \times {\rm sin}(24) = 342 + \frac{ 4}{10} \times (162) \)
\(1000 \times {\rm sin}(24) = 342 + 64,8 \)
\({\rm sin}(24) = 0,4068 \)
Jetzt können wir wieder durchrechnen, diesmal werd ich ein paar Schritte überspringen. Das Prinzip sollte klar geworden sein.
Wie gesagt, hat man sich einmal die vier unschönen Werte gemerkt, besteht das Rechnen nur noch aus einfachen Multiplikations- und Additionsaufgaben. Also als Kopfrechentrick doch ganz nützlich.
Als letztes noch einmal zu dem Punkt wenn wir einen Winkel nicht als Gradzahl gegeben haben, sondern mit Rad rechnen müssen. Der einfachste Fall ist, wenn der Winkel als ein Vielfaches von geben ist (Vorsicht! Die Formel geht nur bis 54° also bis 0,3\(\pi \) )
Haben wir z.B. den Winkel 0,3 können wir einfach rechnen:
\(\frac{180}{\pi} \times 0,3 \times \pi = 180 \times 0,3 = 54 \)
Jetzt können wir wieder d = 54° wählen.
Unangenehmer wird es wenn wir zwar Rad gegeben haben, aber diesmal nicht als Vielfaches von \(\pi \) (Hier ist der Grenzwert der Formel bei etwa 0,9424 )
Dafür müssen wir dann die Näherung nehmen, die ich oben bereits erwähnt habe und den Winkel erst einmal im Kopf berechnen. Sin (0,25)
\(\frac{401}{7} \times 0,25 = \frac{401}{7} \times \frac{1}{4} = \frac{401}{28} = 14,3 \)
Natürlich könnte man auch noch weiter runden. Irgendwann würde man jedoch Gefahr laufen, dass die Rundungsfehler überwiegen z.B. bietet sich hier an
\(\frac{401}{7} \times 0,25 = \frac{400}{7} \times \frac{1}{4} = \frac{100}{7} = 14,3 \)
Das war der erste Teil der Berechnung von Sinus Funktionen im Kopf. Das nächste mal werd ich noch weitere Näherungsformel präsentieren, die es einem sogar ermöglichen ohne Werte auswendig zu wissen zu müssen eine sinus Funktion berechnen zu lassen.
Eine Möglichkeit ohne Taschenrechner,
stammt von Taylor und stellt eine Reihenentwicklung dar. Was gemeint ist, werden wir gleich sehen. Wie man auf diese Reihe kommt geht schon Richtung Hochschulmathematik und soll erst einmal außer Acht gelassen werden. (Die Herleitung werd ich dann noch zusätzlich in einem Spoiler oder ähnlichem einfügen, damit niemand abgeschreckt wird)
Die Formel sieht nun folgendermaßen aus:
\({\rm sin}(x) = x – \frac{x^3}{3!} + \frac{x^5}{5!} – . . .\)
Die Formel sieht erstmal kompliziert aus. Einige werden vielleicht die Bedeutung des ! hinter der Zahl nicht kennen. Dies ist schnell erklärt, z.B. 3! = 3 x 2 x 1 = 6. Also von der gegebenen Zahl ausgehend, wird eine Multiplikationskette gebildet bis zur 1. 5! = 5 x 4 x 3 x 2 x 1 = 120
Als Näherung der Brüche können wir dann schreiben
\({\rm sin}(x) = 0,99989 \times x – 0,16595 \times x^3 + 0,00760 \times x^5 \)
Dies ist zwar nett, wenn man gerade keine sin-Taste auf dem Taschenrechner zur Verfügung hat, aber im Kopf wird das eher nichts. Als Näherung könnte man die Stellen runden. Dabei schleicht sich aber dann schon ein etwas größerer Fehler bei der Berechnung ein. Auch bei wird es wahrscheinlich schon zu Schwierigkeiten kommen. Vor allem bei nicht-ganzzahligen Werten.
\({\rm sin}(x) = x – 0,17 \times x^3 + 0,01 \times x^5 \)
Setzt man in diese Formel jetzt die Umrechnung von von Rad auf Grad ein und nimmt die Gleichung mal 1000. Hat man schon eine sehr ähnliche Form die, die wir oben verwendet haben. Die unschönen Werte werden dann noch approximiert und schon kommt man auf die oben genannte Formel. (Genauere Herleitung folgt noch)
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cool danke ^^
jetzt kann ich ein paar wetten gewinnen ^^
… super Blog, gerade der Beitrag über den Sinus-Kopfrechentrick…
Bleibt einzig offen: Wie wird so eine Annäherungs-Formel hergeleitet? Geht die Herleitung auch für beliebige Genauigkeit? … dann natürlich nicht im Kopf…
Kann man eine E-Mail an den Urheber des Beitrags schicken?
Gruß und danke, Blabbo
Beliebige genauigkeit mit der Taylorreihe und auch alle Winkel.
Allerdings musst du mit radians rechnen.
Ein Taschenrechner rechnet nur von 1 bis 9!